Rechtsprechung: BGH Beschluss v. 17.1.2024 – XII ZB 334/23: Zur Qualifikation des Sachverständigen

24.5.2024

BGH Beschluss v. 17.1.2024 – XII ZB 334/23

Gem. § 280 Abs. 1 S. 2 FamFG soll der in einem Betreuungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (st. Rspr. des Senats, vgl. etwa Senatsbeschluss v. 23.11.2016 – XII ZB 385/16, FamRZ 2017, 234 Rn. 8 m.w.N.).

Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung maßgeblich auf das vom AG eingeholte Gutachten des Sachverständigen „Dr. med. H. vom 7.11.2022“ gestützt. Dem Sachverständigengutachten lassen sich aber ebenso wenig wie dem Gutachtensauftrag des Amtsgerichts eine Facharztbezeichnung oder sonstige Angaben zur Qualifikation des Sachverständigen entnehmen. Gesonderte Feststellungen zu dessen Sachkunde auf dem Gebiet der Psychiatrie sind weder vom Amtsgericht noch vom Beschwerdegericht getroffen worden. Das Beschwerdegericht hat zwar den Inhalt des Gutachtens weitgehend wörtlich wiedergegeben und sich diesen zu eigen gemacht; es hat jedoch nicht geprüft oder jedenfalls in seiner Entscheidung nicht dargelegt, ob der Sachverständige über die für die Erstattung psychiatrischer Gutachten notwendige Sachkunde verfügt. Allein aus seinem akademischen Grad „Dr. med.“ lässt sich ebenfalls nicht auf eine den Anforderungen des § 280 Abs. 1 FamFG genügende Qualifikation des Sachverständigen schließen.

Vgl. ebenso den Beschluss des BGH v. 15.11.2023 – XII ZB 222/23 (BtPrax 2024, 65, 66):
a) Zur Qualifikation des Sachverständigen vgl BGH wie zuvor: Allein aus ihrer Tätigkeit als Ärztin lässt sich für sich genommen noch nicht auf eine den Anforderungen des § 280 Abs. 1 FamFG genügende Sachkunde der Sachverständigen zur Erstattung psychiatrischer Gutachten schließen. Auch der allgemein gehaltene Hinweis, dass Dr. N. dem Gericht aus einer Vielzahl an Betreuungs- und Unterbringungsverfahren als sorgfältig und gewissenhaft arbeitende Sachverständige bekannt sei, vermag den konkreten Nachweis der erforderlichen Qualifikation entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht zu ersetzen (vgl. Senatsbeschluss BGH v. 16.5.2012 – XII ZB 454/11, FamRZ 2012, 1207 Rn. 14).

Vgl. dazu HK-BUR/Bauer § 280 FamFG Rn 34 ff., 39 ff. (Verlinkung folgt)

b) Zu den Aufgabenbereichen: Außerdem bedarf es der Feststellung, ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht. Dies ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann.

 

 


Verlag C.F. Müller

zurück zur vorherigen Seite